Der Gründungsimpuls

Der Gründungsimpuls unseres Waldorflehrerseminars vor nun mehr 25 Jahren ist untrennbar mit der Stimmung des Aufbruchs, der Möglichkeiten, der Offenheit, wie sie unmittelbar nach dem Fall der Mauer spürbar war, in allen gesellschaftlichen Bereichen einen Neuanfang zu wagen, verbunden; das „Forum Kreuzberg“ war ein Ort, der Persönlichkeiten mit starker Initiativkraft, Engagement, rhetorischer und praktischer Phantasie anzog, die aus der Aufbruchstimmung konkrete Projekte verwirklichen wollten.

Der freiheitliche Erziehungsimpuls war der Aspekt in der Waldorfpädagogik, der das besondere Interesse im Bereich der Bildung fand: so war es wenig überraschend, dass den Vorträgen an Universitäten und Hochschulen im Ostteil der Stadt unmittelbar nach dem Mauerfall bald Schulgründungsinitiativen folgten; damit wurde auch die Lehrerbildungsfrage virulent, die Gründung eines Seminars in Berlin als eine Zeitnotwendigkeit die selbstverständliche Konsequenz!

Persönlichkeiten nicht allein mit Pioniergeist, sondern vor allem auch mit dem Potenzial, die Erwartungen nach alternativer, freiheitlicher, individueller, von jeglichem uniformierenden Anpassungsdruck befreiter Pädagogik in den Grundlagen der Waldorfpädagogik aufzudecken und in eine Befähigung der zukünftigen Lehrerinnen und Lehrer zu verwandeln, übernahmen die Verantwortung.

Das bedeutete auf jeden Fall: keine Routine, kein Appell an die doch seit Jahrzehnten überwiegend geglückten Bemühungen, Waldorfpädagogik in einer wachsenden Schulbewegung verwirklicht zu haben, kein pädagogisches Ruhekissen! Denn neben den Erwartungen der Studierenden, Waldorfpädagogik und ihre Grundlagen nicht „serviert“ zu bekommen, sondern sie durch individuelle Berührung eigentlich selbst „erfinden“ zu wollen, war von den Dozenten Flexibilität und Zeitgenossenschaft gefragt: denn nichts hat sich in den letzten beiden Jahrzehnten rasanter entwickelt und tiefgreifender verwandelt als die Kindheit und damit auch die Erwartungen an die Pädagogik. Die Lehrerbildung muss sich nicht nur darauf „einstellen“, sondern sie muss Gesichtspunkte entwickeln, welche geeignet sind, um sich als Pädagoge aus dem Moment heraus begegnungs- und damit erziehungsfähig zu machen.

Zeitschiene

Vor der Wende

  • 1988 Informationsveranstaltungen in den Westberliner Waldorfschulen zur Gründung eines privaten Lehrerseminars in Westberlin
  • 1989 Januar: Beginn des ersten berufsbegleitenden Abendkurses in den Räumen des „Forum Berufsbildung Kreuzberg“. Zeit: Zwei Abende pro Woche von 17 bis 22 Uhr, Diplomierung nach zwei Jahren
  • Juni: Ein zweiter Abendkurs beginnt. Gespräche mit dem Arbeitsamt wegen eines Ganztageskurses

Während der Wende

  • 1989 November: Öffnung der Berliner Mauer. In Ostberlin entsteht ein zweites Seminar durch den Bund der Freien Waldorfschulen. Die Kreuzberger Waldorfschule vermietet einen Seitenflügel an die beiden Seminare, die sich im September vereinigen und den ersten Vollzeitkurs beginnen, finanziert vom Arbeitsamt, Diplomierung nach zwei Jahren. Das neue Bundesseminar erhält zwei Betreuer. Das Erzieherseminar wird rechtlich selbständig, teilt aber die Räume weiterhin mit dem Lehrerseminar (bis September 2009)
  • 3. Oktober: Einigungsvertrag BRD/DDR

Nach der Wende

  • 1993 Das zweite Ausbildungsjahr des Tageskurses wird vom Senat nicht mehr bezahlt. Die Kreuzberger Schule kündigt die Räume wegen Eigenbedarfs. Das Forum Berufsbildung beendet seine rechtliche Trägerschaft. Kollegium und Studentenschaft ringen gemeinsam um
    a) Vereinsstatus
    b) Räume
    c) Ausbildungskonzept
  • 1994 Sommer: Einzug in die Räume des „Forum Kreuzberg“ (Köpenicker Straße), gemeinsam mit dem Erzieherseminar und den Freunden der Erziehungskunst. Vereinsgründung des Lehrerseminars. Ausbildungskonzept: Nur noch ein Abendkurs, einmal pro Woche, Diplomierung nach drei Jahren bei Durchlässigkeit zum Tageskurs (1 Jahr)
  • 2003 Wegen Raummangels Umzug in das „Forum Waldorfpädagogik“ in der Weinmeisterstraße, bestehend aus: Freie Waldorfschule Mitte nebst Kindergarten und Hort, Erzieherseminar, Freunde der Erziehungskunst
  • 2005 Das Arbeitsamt will die Erweiterung des Tageskurses auf 2 Jahre nicht mittragen, deshalb zurück in die Eigenständigkeit, mit Teilfinanzierung durch den Bund, und Assistenzzeit an den Schulen. Aus dem Erzieherseminar entwickelt sich die Freie Fachschule für Sozialpädagogik
  • 2009 Erzieherseminar und Fachschule ziehen in die Besselstraße
  • 2010 Das Seminar strebt die Zertifizierung an, so dass wieder Arbeitssuchende die Weiterbildung durch das Arbeitsamt finanziert bei uns machen können.
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