Geschätzte Mitarbeiter:innen verabschiedet und willkommen geheißen

Hubert Schmidleitner, ehemaliger Mallehrer am Seminar für Waldorfpädagogik Berlin

Vor den Sommerferien haben wir am 16.07.2024 unsere geschätzen Mitarbeiter:innen verabschiedet:
Hubert Schmidleitner (Malen) und
Uwe Schulz (Plastizieren) in den Ruhestand,
Isabel Woppel (Eurythmie) in einen neuen Arbeitszusammenhang und
Elisabeth Klink (Geschäftführerin) in einen ganz neuen Lebens- und Arbeitsabschnitt.

Wir danken hier nochmal für die wertvolle Zusammenarbeit und wünschen alles Gute auf den weiteren Wegen.

Wir freuen uns sehr, aber auch zwei neue Mitarbeiter begrüßen zu dürfen!
Ralf Böttcher für die Geschäftsführung und
Carolina Chaparro für die Eurythmie.
Herzlich willkommen!

Ralf Böttcher, geschäftsführer vom Seminar für Waldorfpädagogik Berlin

Carolina Chaparro, Eurythmielehrerin am Seminar für Waldorfpädagogik Berlin

Teil 1: Gespräche über die Waldorfschule und werdende Waldorflehrer:innen

Was sagen Waldorfschüler:innen über die Waldorfschule?
Was ist gut an ihr? Was schätzen sie an ihren Lehrer:innen?

Ich sprach dazu mit drei Schüler:innen.

Mit diesen Berichten unterhielt ich mich mit drei Dozent:innen vom Waldorfseminar Berlin:
Wie nehmen sie das Gesagte wahr? Wie verstehen sie die Schüler:innen?
Und vor allem: Wie stellt sich das Seminar ins Verhältnis zu dem, was die Schüler:innen sagen?

Es sind drei interessante Pärchen entstanden!
Einen guten Eindruck wünscht,
Marian Conens
Öffentlichkeitsarbeit am Waldorfseminar Berlin

Hier das erste Pärchen:
Schauen Sie zuerst das Video mit Waldorfschüler Fjodor und dann mit Dozent Herrn Fischer:

Jahresrückblick 2024

Blitzlicht aus Berlin, im Frühsommer 2024

Es ist eine angestrengte Spannung in Berlin. Eben ging die Europawahl zu Ende und die Prognosen sagen uns nichts voraus, was einen guten Politikstil in Brüssel für die Zukunft verspricht; Macron hat schon Neuwahlen angekündigt und selbst Berlin ist politisch zerteilt, eigentümlich dreigeteilt, anders als manche:r vermutlich dachte und irgendwie dramatischer, als ich es mir vorstellen wollte…

…dass Axel Burkart im Rudolf Steiner Haus, eingeladen vom Initiativkreis der Anthroposophischen Gesellschaft Berlin, eine fulminante Plattform geboten wird, ist auch in diesem Zusammenhang nicht egal – auch wenn das kein Großereignis für Berlin ist. Aber es ist eine wirksame Veranstaltung, und sie sendet Aussagen, die Anknüpfungspunkte bieten für allerlei Denken und Meinen nahe dem der „Neu-Rechten“- Gesellschaftsströmung oder auch für Liebhaber:innen mystischer Esoterik und Verschwörungserzählungen.

Die Menschen, die sich für Waldorfpädagogik interessieren, die sich irgendwie angesprochen fühlen, von dem was wir tun, sind dadurch und deshalb zurecht überaus irritiert und abgeschreckt.

Wie ungeschickt, wie töricht stellen wir uns an! Warum formulieren wir nicht wenigstens kontextualisierende Fragen, machen klare Kante und Distanz deutlich, wenn man schon meint, man müsste mit Menschen solcher Gesinnung ins Gespräch kommen. Nein, es bleibt bei einer verbrämt billigen: „das muss man doch sagen dürfen“- Haltung, scheinbar um einer zweifelhaften Schwurbelfreiheit Vorschub zu leisten.

Der Sommer lässt sich schwierig an; zwischen zu viel Wasser und zu viel Trockenheit schwanken die Warnungen des Wetterdienstes, ich schwanke mit und werde doch nicht müde daran zu glauben, dass wir als Waldorfbewegte, dieser Erde noch etwas Gutes geben können, dass wir den Generationen Alpha, Beta und …bis Omega einen lebendigen, fruchtbaren und auch zarten Zugang zur uns umgebenden Mitwelt aufzeigen können, dass wir noch Anschluss finden an die elementaren, bildenden Kräfte dieser Gesellschaft in diesem Weltzusammenhang.

Gute 160 Beratungen haben wir mit Interessierten für das kommende Studienjahr geführt, das ist ganz ordentlich – ein Viertel davon mag in die Kurse kommen.

Dramatisch allerdings ist, dass kaum in der Ausbildung, die Studierenden schon wieder weggeholt werden, von den Schulen selbst! Die Neueinsteiger:innen müssen sofort eigenverantwortlich unterrichten – es gibt derzeit nun wirklich viel zu wenig Lehrer:innen.

Das ist für sich genommen schon ein echtes Problem, wenn Ausbildung und Einarbeitung zeitgleich sich vollziehen sollen. Da sei jetzt noch nicht einmal auf die viel bemühten prägenden Ausbildungsqualitäten geschaut, die drohen verloren zu gehen, sondern auf geklärte Haltungen, die es braucht, um als Lehrerin oder Lehrer mit den Schülerinnen und Schülern die Entdeckung der Welt zu unternehmen, um den jungen Erwachsenen auch Orientierung für den Augenblick zu geben, damit sie befähigt werden, ihre inneren Impulse in wacher Klarheit wahrzunehmen und sich nicht auf populistische Rattenfänger:innen oder verschwörende Erklärbär:innen einzulassen, und auch nicht den Signalen versuchendem Trompetenspiel zu folgen (“Wenn die Fahnen wehen, rutscht der Verstand in die Trompete.” Herta Müller zugeschrieben).

Dazu braucht es den Freiraum der Klärung, in jedem Alter übrigens – den bieten die Ausbildungsstätten, wenn man sie lässt.

„Druckbetankung“ und Survivalpädagogik sollten niemals unser Maßstab sein – wir verlieren sonst wohl ganz die Tiefe und Orientierung. Hier am Berliner Seminar ringen wir darum, diese Möglichkeiten von Ausbildung zu sichern. Gemeinsam arbeiten wir mit unseren Kooperationspartnern aus Stuttgart, Hamburg und Kiel daran, Freiräume zu erhalten, um nicht durch die akademischen Korsagen und Festlegungen zu sehr eingeengt zu werden – im kommenden Jahr dann, mit neuen Kolleg:innen, die im Kunstbereich richtig durchstarten! Und hoffentlich auch wieder mit einigen Student:innen mehr, als in den letzten beiden Jahren.

Gleichwohl machen wir uns natürlich auch darüber Gedanken, wie sich gemeinsam die Lehrer:innennot an den Schulen lindern lässt und entwickeln einige Konzepte, die flexibler und individueller gestaltbar sind – auch wenn es zuweilen schmerzt, wenn weitere Ausbildungsmodule verkürzt werden oder ersatzlos wegfallen.

Als Kooperation sollten wir noch kräftiger sichtbar werden und wirksame Ausstrahlung entfalten, als kleine, im Alltag ein bisschen schimmernde vielfarbige Einrichtungen, die dem drohenden grau-braun etwas entgegenstellen.

In Berlin soll diesem Auftrag auch dadurch Rechnung getragen werden, dass wir Waldorf ins Zentrum stellen und unser Bauvorhaben weiter vorantreiben – mitten in Berlin, mitten in der Gesellschaft – inmitten der brandenden Öffentlichkeit, für alle erlebbar.

Christoph Doll

Eltern sein, Lehrer:in werden!

Seit dem letzten Jahr versucht das Seminar für Waldorfpädagogik verstärkt darauf aufmerksam zu machen, welche Möglichkeiten es gibt, um Waldorflehrer:in zu werden. Und dabei haben wir vor allem diejenigen Menschen im Blick, die sich in irgendeiner Weise schon unserer Pädagogik angenähert haben: Unter dem Motto „Eltern sein – Lehrer:in werden!“ versuchen wir Menschen anzuregen, kurz über einen Berufswechsel nachzudenken – ganz viele Menschen wissen gar nicht, dass auch ihnen der Weg zur Pädagog:in offen steht.

Gerne haben wir uns an Elternversammlungen, in Konferenzen, auf Festen und Basaren gezeigt und beraten.

Nun stehen der nächste Informationsabend an: Am 10.01.2024 um 19.00 Uhr im Seminargebäude in der Weinmeisterstraße 16.

Sie sind alle herzlich willkommen!

Kunst und Kanu mit der Waldorfschule Tokyo/Japan

Kunst und Kanu Seminar für Waldorfpädagogik Berlin

KKKK 2023

Seit 2007 besuche ich regelmäßig die Waldorfschule in Tokyo/Japan und unterrichte dort Biologie in der Oberstufe, helfe beim Aufbau des Lehrerseminars in Japan und gebe viele Kurse für Eltern und Kolleg:innen aus ganz Japan.

Im Sommer kam nun das Kollegium zu uns ans Lehrerseminar in Berlin! Sie haben mit Hubert Schmidleitner und Uwe Schulz gemalt und plastiziert und einige Museen besucht. Einen ganzen Tag sind sie mit Hubert Schmidleitner zu mir in den Garten gekommen. Natürlich haben sie dort auch gezeichnet, doch wir haben auch bei einer Führung durch den Garten über die nötigen klimatischen Anpassungen und permakulturelle Elemente gesprochen. Es war ein wertvoller Austausch. Abends wurden dann gemeinsam Onigiris (japanische Reisbällchen) für den anschließenden Tag hergestellt. Denn am Folgetag trafen wir uns alle an der Mecklenburgischen Kleinseenplatte zum Kanufahren. In Japan existieren keine großen Seenketten, es gibt das allgegenwärtige Meer und unzählige Flüsse aus den Bergen. So war es sicher ein besonderes Erlebnis in dieser unglaublich schönen Natur einen Tag auf dem Wasser zu verbringen. Es war ein sehr erfüllter Tag!

Iris Didwiszus

Mit Improtheater unterrichten von Khalila Grundl

Team Building

Ein Praktikum an der Gaia Waldorfschule in Kapstadt, Südafrika

Studierende der Waldorfpädagogik müssen im Lauf ihrer Ausbildung insgesamt 24 Wochen Praktika machen. Die Studentin Khalila Grundl vom Waldorfseminar Berlin hat sich für eines davon die Gaia-Waldorfschule in Südafrika ausgesucht, wo sie einen Monat lang innovative Unterrichtsformen kennengelernt hat und Impulse für ihre geplante Masterarbeit über den Anteil muslimischer Familien in Waldorfschulen mitnehmen konnte.

Der Artikel erschien in der April Ausgabe der Zeitschrift Erziehungskunst.
Wir veröffentlichen hier den vollständigen, ungekürzten Bericht.

Die Idee, nach einer Waldorfschule in Kapstadt zu suchen, die mich eventuell für ein vierwöchiges Praktikum aufnehmen würde, ergab sich aus der Überschneidung des vom Lehrerseminar vorgesehenen Praktikumszeitraumes mit einem jährlichen Treffen dort, an dem ich seit vielen Jahren nach Möglichkeit teilnehme. Von den acht Waldorfschulen in Kapstadt und Umgebung kontaktierte ich drei und bekam recht bald positive Rückmeldung von der Gaia Waldorfschule im Vorort Pinelands: ich sei herzlich willkommen in einer fünften Klasse dort, die sich schon lange eine Praktikantin wünscht. Das Lehrerseminar ermutigte mich in meinem Vorhaben, weitere Details besprach mein Mentor mit mir und der Klassenlehrerin in Kapstadt über zoom. Somit fühlte ich mich bereit, Anfang Oktober in den dortigen Frühling zu reisen.
Nach zehn unsäglichen Stunden, die ich seit Istanbul zwischen zwei umfangreichen Herren in der Mitte des Flugzeuges verbracht hatte, sagte ich mir, dies sei mein letzter Langstreckenflug gewesen. Sobald ich aber die Landetreppe hinunterstieg und mich einmal mehr von der Luft und den Farben umgeben fand, die mir jedes Mal auf unbestimmte Weise das Gefühl geben, wie aus einem Film hinüber in die Realität getreten zu sein, war mir wieder klar, weshalb ich geflogen war. Meine Verbundenheit mit diesem Ort kann vermutlich nahezu jede Person nachvollziehen, die selbst einmal dort war – denn Kapstadt besitzt eine besondere Art von Nahrung für das Herz, möchte ich sagen. Das unmittelbare Nebeneinander der sprudelnden Großstadt und der Gebirge, die hunderte von Jahrmillionen alt sind, deutet in jedem Moment hin auf das Verhältnis des eigenen Alltags zu dem, was davor war und danach kommt. Gesäumt vom Atlantik, dessen Glitzern das Auge unbedingt zum Stillhalten verführt, verspürt man in Kapstadt eine gewisse, wilde Geborgenheit. Und sowohl die Betrachtung seiner Geschichte als auch die lokalen Begegnungen in der Gegenwart verlangen eine Wendigkeit der eigenen Sichtweise, die, wenn sie sich ermöglicht, ungemein belebt und bereichert.

Die Gaia-Waldorfschule befindet sich ca. zehn Kilometer vom Stadtzentrum entfernt in einem Eco-Village namens “Oude Molen” (“Alte Mühle”). Diese dynamische, vielfältige Siedlung war einstmals eine verlassene Krankenhausanlage und besteht heute aus ganzheitlich und umweltbewusst ausgerichteten Kleinstunternehmen, Nichtregierungsorganisationen und dienstleistungsorientierten Sozialunternehmen. Für die umliegenden Gemeinschaften stellt sie eine Quelle an Arbeitsplätzen, Nahrungsmitteln und Bildungsmöglichkeiten dar. Hocherfreut entdeckte ich dort nur zwei Gehminuten von der Schule entfernt auch einen Regio-Laden, der (vegane) Schokoladen-Kreationen und Kaffee von exquisiter Qualität führt. Diese kann man im Garten des Ladens auf Hollywoodschaukeln und Hängestühlen genießen, in Gesellschaft von umher stolzierenden Hühnerfamilien und Pfauen – ein wunderbarer Pausenort für das Kollegium.Seit dem Jahr 2000 ist die Schule untergebracht im denkmalgeschützten Anbau eines ehemaligen Gehöfts aus dem 17.Jahrhundert, welches entsprechend restaurierungsbedürftig war. Die Spielflächen und Klassenräume entstanden dort, wie so oft im Waldorfkontext, aus dem Pioniergeist und vollen Einsatz von Eltern und Kollegium.

Ursprünge

Mit den neunziger Jahren war das Vertrauen der Eltern in das staatliche Schulsystem Südafrikas angesichts der offenkundigen Bildungskrise immer mehr geschwunden, und ein verstärktes Interesse an alternativen Bildungseinrichtungen hatte sich entwickelt. Eltern fanden, Schule sollte kreativer und stärker orientiert an der kindlichen Entwicklung sein; ein Ort, an dem Kinder Lernen als etwas Freudvolles erleben und die Klassen kleiner sind. Aus diesem dringenden Anliegen heraus entstand 1993 das „Centre for Creative Education“, mit dem Ziel, Kinder, die unter erschwerten Bedingungen und in wirtschaftlich und sozial benachteiligten Gemeinschaften aufwachsen, in ihrem Heilungsprozess zu unterstützen, zu fördern und zu befähigen.
Auch die Gaia Waldorfschule hat in dieser Institution ihren Ursprung: der Gründungsimpuls 1998 bestand vor allem darin, die Waldorfpädagogik nicht nur den privilegierten, sondern allen Kindern zugänglich zu machen, unabhängig von ihrem sozio-ökonomischen Hintergrund. So zeichnet sich die Schülerschaft der Gaia Waldorfschule durch merklich größere Diversität aus, und wurde bei einer Lehrerkonferenz 2019 als vielfältigste Waldorfschule Südafrikas gefeiert.

Jeder Montag beginnt mit einer Versammlung aller Klassen (derzeit insgesamt 142 Kinder) und einem anschließenden Spaziergang in der unmittelbaren Umgebung, wo es einiges an Flora und Fauna zu entdecken gibt. Auch eine Pferdeherde befindet sich in direkter Nachbarschaft der Schule und trägt bisweilen durch ihre ungestümen Elemente zur allgemeinen Unterhaltung bei. Der Stundenplan beinhaltet nach dem Epochenunterricht Fächer wie Trommeln und Lebenskunde, und an Sprachen werden neben Afrikaans auch isiZulu und isiXosha unterrichtet. Einmal fand während meiner Praktikumszeit ein „language sharing day“ statt, zu dem sich die fünften Klassen aller Waldorfschulen in und um Kapstadt auf dem großzügig angelegten Gelände der Constantia Waldorfschool, der ersten Waldorfschule Afrikas, versammelten. Dort konnten sich die Klassen zunächst im Rahmen einiger Gruppenspiele im Freien miteinander bekannt machen, um anschließend Einblicke in ihren jeweiligen Sprachenunterricht in Form von Darbietungen auf der Bühne mit allen zu teilen.

Mit performativen Methoden im Allgemeinen war „meine“ fünfte Klasse auch außerhalb des Sprachenunterrichtes bereits vertraut, da die Klassenlehrerin ein Fan des Improvisationstheaters ist und schon früh damit begonnen hat, vorangegangene Unterrichtsinhalte in Form von Mini-Darbietungen „abzufragen“. Hierzu teilen sich die Kinder in Kleingruppen auf und schmieden innerhalb von fünf bis zehn Minuten eine kurze Szene aus den Inhalten, an die sie sich erinnern, meist mit erstaunlichem Ergebnis. Eine weitere Art, den Stoff vom Vortag oder auch der gesamten Epoche in Erinnerung zu rufen, erlebte ich als besonders eindrucksvoll: alle bekommen die „Hausaufgabe“, sich für den nächsten Tag eine Frage zum Epochenthema zu überlegen, die noch offen geblieben ist oder die jemand, der nicht mit im Unterricht war, möglicherweise stellen würde. Wer dann am nächsten Morgen seine Frage stellt, ruft unter den sich meldenden jemanden auf – die Lehrerin involviert sich nicht. Das so entstehende Gespräch innerhalb der Klasse nahm in unserem Fall („Wozu haben wir Matheunterricht?“) eine bemerkenswerte Tiefe an, so dass die Lehrerin dabei Notizen machte, die dem abschließenden Epochenheft-Eintrag als Grundlage dienten.

 

Afrika-Epoche: die Königreiche Westafrikas

Nachdem ich die Klasse eine Woche lang beobachtend begleitet hatte, war ich nun an der Reihe, erstmals eine Epoche selbst zu unterrichten. Auf dem Plan stand „Ancient African History“, und so hatte ich als Beispiel die Geschichte der Königreiche Westafrikas, Ghana – Mali – Songhay recherchiert. Die geographische Entwicklung, der Transsaharahandel mit Gold, Salz und Büchern, die Gelehrtenstadt Timbuktu mit ihren Lehmbauten, ihr Förderer Mansa Musa, und das „singende Geschichts-Gedächtnis“ in Form der Griots bzw. Djeli, wurden die zentralen Themen. Für den Einstieg hatte sich das wunderschöne Gedicht „The Lure of the Desert Land“, von Madge Morris Wagner gefunden.

Klassenfahrt

Zum Ende meines Praktikums fand für diese fünfte Klasse eine Klassenfahrt statt, coronabedingt ihre allererste. Wir fuhren für drei Tage in die Tagungs-/Begegnungsstätte „High Africa“ im ca.120km entfernten Worcester, wo die Klasse ein fabelhaftes Programm an erlebnispädagogischen Aktivitäten erwartete. Bereits die Hinfahrt im Minibus war ein vergnügliches Erlebnis, umgeben von spektakulären Gebirgslandschaften, die die Kinder zum Staunen brachten. Bei der Fahrt durch einen der Vororte Kapstadts allerdings tauschte die Klassenlehrerin vielsagende Blicke mit mir, als wir am Pausenhof einer staatlichen Schule vorbeifuhren, wo sich uniformierte Kinder gegen einen meterhohen Drahtzaun drückten, und unsere Fünftklässler ehrlich bestürzt riefen: „Ein Gefängnis! Da ist ja ein Gefängnis mit Kindern!“

Abkühlung im Breede-River

Team Building

Frühlingsbasar und Abreise

Am Tag meiner Abreise im November fand der Frühlingsbasar der Gaia Waldorfschule statt, unter dem diesjährigen Motto „proudly South African“. Und so malte ich beim Kinderschminken neben Einhörnern und Flamingos viele Male die Südafrikanische Flagge als meist gewünschtes Motiv auf die Wangen sämtlicher Kinder. Jede Mittelstufenklasse zeigte eine Darbietung, die Fünfte hatte einige Stücke auf der Djembe eingeübt. Abschließend ergab sich hier noch eine Gelegenheit für mich, mit einigen der Eltern ins Gespräch zu kommen und interessante Impulse für meine anstehende Masterarbeit mitzunehmen. Denn fast die Hälfte der von mir besuchten Klasse besteht aus Muslimischen Schüler/-innen, was die Zusammensetzung der regionalen Gesamtbevölkerung weitaus besser repräsentiert, als dies an Waldorfschulen im deutschsprachigen Raum bislang der Fall ist. In meiner anstehenden Masterarbeit möchte ich auf mögliche Gründe für letzteres eingehen und auch Aspekte der bemerkenswerten Passung herausarbeiten, die sich zwischen waldorfpädagogischem Ansatz und islamischer Lebenspraxis vielfach abzeichnet und unter anderem von den muslimischen Eltern der Gaia Waldorfschule entsprechend geschätzt wird.
Für meine erste, umfassendere Unterrichtserfahrung hatte ich hier das optimale Setting erwischt: die Klassenstärke von sechzehn Kindern empfand ich als genau richtig, zumal mindestens sechs davon besonderen Förderbedarf hatten. Meiner anfänglichen Nervosität und Sorge darüber, was ich alles verkehrt machen würde, wirkte die wohlwollende, entspannt-respektvolle Art des Umgangs miteinander entgegen, wie sie hier gewissermaßen als Kulturgut gepflegt wird.

 

Nach einem zutiefst erfüllenden, bereichernden und sehr beglückenden Monat, in dem ich soviel Pawpaw und Avocado

wie möglich gefrühstückt und so viele Muscheln wie möglich am Meer gesammelt hatte, fasste ich mir ein Herz und machte mich bereit für den Abschied – von Kapstadt, von der Natur und von den Menschen dort – und auch von der Klasse und dem Kollegium. Wir hatten uns ja gerade erst eingespielt, und die Dynamik war vielversprechend gewesen… das ist sie

allerdings auch am Lehrerseminar in Berlin! Die Vorfreude darauf und der ausklingende Rausch des Frühlingsbasars begleiteten mich auf die Rückreise.

https://www.gaiawaldorf.co.za

https://centreforcreativeeducation.org.za

https://highafrica.com

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Seminar feierte 33. Geburtstag / Vortrag von Herman Seiberth

33. Geburtstag Seminar für Waldorfpädagogik Berlin

Feier – Kolloquium unseres Seminars am Dreikönigstag 2023

Unbefangenheit – „Für-möglich-Halten“

Das Zukunftsbild hinter den Symptomen identifizieren.

Unter diesem Motto versammelten sich Wegbegleiter:innen der Gründungszeit, Freundinnen und Freunde und das Kollegium des Seminars, um, etwas verspätet, den 33. Geburtstag des Seminargründungsimpulses zu feiern.

Es war in der Wendezeit, ca. ein Jahr vor dem Fall der Mauer, als die ersten Lehrer:innenbildungskurse in Berlin begannen – eine Zeit des Aufbruchs.

Wir haben also den Zeitraum einer Generation ins Auge gefasst, haben versucht zu erkennen, wie sich der Impuls manifestiert und verwandelt hat und welche Wandlungen für die nächste Generation aus dem Zukunftsstrom anklingen. Es war gleichermaßen eindrücklich und berührend nochmals die wegweisenden Gründungsmomente geschildert zu bekommen, den Wandel zu erkennen und mit dem erahnten Zukünftigen zu verbinden – Akzente und Blicklenkungen für die Gegenwart konnten so entwickelt werden, die in unseren alltäglichen Ausbildungs- und Studienalltag einfließen werden.

Es waren intensive drei Stunden, die im Flug vergingen – ein wenig herausgehoben aus Zeit und Raum. Am gut ausgestatteten Buffet und bei weiteren Anekdoten fand der Abend einen geselligen, fröhlichen Abschluss.

Christoph Doll

Begegnungstag für Schulen und Studierende – Ein Rückblick

Begegnungstag 2023

Montag, 23.01.2023 15.00 Uhr – in unseren Räumen fanden sich 26 Schuldelegationen ein, die allesamt in eine Begegnung mit unseren Studierenden kommen wollten, um mögliche Vereinbarungen zu treffen. Allen Schulen war gemein, dass sie viele Stellenangebote mitbrachten und hofften, hier die eine oder den anderen Menschen zu finden, um in den kommenden Jahren sich mit dieser Schule zu verbinden.

So konnten wir die Kolleg:innen aus Magdeburg, Thale, Hildesheim, Cuxhafen,  Ostfildern, Greifswald und Chemnitz bei uns begrüßen – und es kam tatsächlich Begegnung zustande!

Nicht nur zwischen Einrichtungen und Studierenden, sondern auch zwischen den Schulen, die sich austauschen konnten, wenn gerade keine Interessenten am Tisch waren. So brummte es auf unseren zwei Stockwerken und es kam Schulleben in das Seminar, so dass ein wirkliches Begegnen möglich wurde…auf vielen Ebenen.

Dass, auch wenn es gar nicht genügend Abgänger:innen für all die vielen offenen Angebote gab, gingen doch alle fröhlich, weil irgendwie erfüllt wieder auseinander – drei Stunden, gelassen, beredt, offen und froh – bei aller Lehrer:innennot! Ein guter Moment im Alltag – Dank an alle, die da sein konnten.

Weihnachtsbrief 2022

Weinhachtsbrief 2020

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wie sehr haben uns die Ereignisse in diesem Jahr durchgerüttelt, attackiert und belastet – Ereignisse, die selbstverständlich Gewordenes befragen und vermeintlich Erreichtes einreißen.
Ganz gleich, wo wir hinschauen – immer wieder grundsätzliche und existentielle Fragen im engeren Umfeld, in der Gesellschaft, weltweit.
Es wirkt alles wund, vieles geht nicht mehr „einfach so” von der Hand, Orientierung geht verloren, permanent werden wir nach unserer Haltung befragt – was leitet uns?
Aus diesem Alltagsgetriebe, frühmorgens, eine Fahrt durch Berlin, zur Hospitation … die Schlagzeilen der vergangenen Stunden flackern in Dauerschleife in den erwachenden Tag und ziehen nagend ins Gemüt. Die Kälte dieses Wintertages lässt den Atem frieren, es ist der 13. Dezember. Am Schuleingang leuchtet es milde in das Halbdunkel des Morgens. Beim Näherkommen klingt ein leises Singen an das Ohr. Am Tor steht, inmitten des Industrieareals eine Schülerin der sechsten Klasse und ihre Klassenlehrerin, in weißes Leintuch eingehüllt, mit Lichtkranz und Kerzen in der Hand. Sie erinnern mit ihrem zarten Gesang alle Eintretenden ar;i das Fest der Lucia.
Einfach so, erschütternd unauffällig, unprätentiös, bedeutungslos fast und doch so innig, dass es Herzen erwärmt und unerwartet Anlass gibt, innezuhalten und sich einzulassen.
Einlassen auf die wärmenden Augenblicke, die uns allenthalben begegnen können, die das Herz erreichen und uns verbinden – die nicht nach dem „Für oder Wider” fragen, sondern nach unserem Sein, dafür möge viel Anlass und Bereitschaft sein im kommenden Jahr.

,,Jenseits von richtig und falsch, dort liegt ein Ort.
Dort treffen wir uns.”
Rumi (*1207- 1273)

Mit Dank blicken wir auf die Momente unserer gemeinsamen Arbeit und wünschen eine friedvolle impulskräftige Zeit zwischen den Jahren,
für das Kollegium des Seminars für Waldorfpädagogik Berlin

Iris Didwiszus und Christoph Doll